💸 So verhandelt ihr im Laden richtig
Stellt euch einmal vor ihr geht ganz normal einkaufen und fragt an der Käse-Theke oder an der Kasse nach einem Nachlass. „Sagen wir einfach 150€ statt den verlangten 180€, ok?“ – wenn ich mich im Freundes- und Bekanntenkreis so umhöre, fiele den meisten so eine Frage im Traum nicht ein. Warum eigentlich nicht? – Beim Autokauf ist die Frage nach einem Abschlag ja bereits ganz normal.
Möglich ist das Verhandeln übrigens ganz offiziell seit 2001 – genauer seit dem 25. Juli 2001 als in Deutschland das seit 1934 bestehende Rabattgesetz gekippt wurde. Erst in den 2000ern haben Branchenverbände bei einer Anhörung erklärt, dass das Gesetz mit den Handelsbedingungen im Internet nicht mehr vereinbar sei. Nun, umso besser für uns, denn so können wir auch offiziell handeln… oder doch nicht?
Ja sind wir hier denn aufm Basar?
Gefühlsmäßig empfinden die meisten Verhandlungen nach dem Preis als peinlich und ungehörig. Die Analogie nach dem Basar ist da schon naheliegend, denn dort ist ein Feilschen ja ein Muss. Hierzu kann man aber den altbekannten Spruch noch einmal in Erinnerung rücken:
„Rabatt mein Freund, das lass Dir sagen, wird immer vorher aufgeschlagen!“
Trotzdem ist ein Handeln im Geschäft offiziell erlaubt und niemand sollte davor Angst haben oder sich scheuen. Dennoch sind Geschäfte und Läden dazu oft nicht bereit oder vorbereitet. Mario Lochner von der Süddeutschen Zeitung hat dazu vor ca. 10 Jahren einmal einen ernüchternden Versuch gestartet – die Situation dürfte sich aber nicht großartig geändert haben.
Wie gehe ich denn vor?
Zuerst einmal solltet ihr eure Scham gegenüber Verhandlungen ablegen und evtl. sogar seelischen Beistand mitnehmen – idealerweise mit Flohmarkt-Erfahrung. Außerdem solltet ihr euch vorher informieren und nicht völlig unvorbereitet auf den Verkäufer zugehen und nach einem völlig überzogenen Rabatt fragen. Die Situation ist in etwa vergleichbar mit der Gehaltsverhandlung – dort würdet ihr schließlich auch nicht nach 200% Zuschlag verlangen und damit argumentieren, dass ihr fast nie zu spät gekommen seid und im letzten halben Jahr kein Kunde abgesprungen ist. Zumindest hoffe ich das… 🙂
Also schauen wir uns einmal die wesentlichen Schritte zu einer erfolgreichen Verhandlung im Laden oder Geschäft an. Im Übrigen habe ich diese Schritte selbst schon mehrfach beherzigt und bin schon das eine oder andere mal zu einem Erfolg gelangt – allerdings klappt eine Verhandlung nicht immer. Beispielsweise wird jeder, der aktuell nach einem Rabatt für ein E-Auto fragt, schlicht ausgelacht…
1. Informiere dich vorher intensiv über das Produkt
Das Wichtigste ist, dass ihr euch über das Produkt umfassend informiert und auch Vergleichsprodukte mit in die engere Wahl einbezieht. Habt ihr euren Wunsch-TV oder euer Traum-Notebook gefunden, dann schaut mal online nach dem Preis. Das geht entweder direkt bei DealDoktor – oder wenn das Produkt hier noch nicht gelistet war, bei Idealo.
Wenn ihr dann nach den Vor- und Nachteilen recherchiert und ggf. noch weitere vergleichbare Produkte mit in die engere Wahl nehmt, erhaltet ihr automatisch einen Überblick über die realistischen Preise am Markt und erhaltet auch automatisch ein paar Fachbegriffe.
Wer gut vorbereitet ist, wirkt kompetent auf jeden Verkäufer und ist eine deutlich bessere Verhandlungsbasis. Außerdem ist es so deutlich einfacher, dein persönliches Verhandlungsziel – also den zu erreichenden Traumpreis – festzulegen.
2. Zeige dein Interesse, aber keine übersteigerte Begeisterung
Im zweiten Schritt arbeiten wir schon deutlich an eurer Selbstbeherrschung und entsprechend eurer Begeisterung. Das ist wohl eines der schwierigsten Punkte, denn wenn man sich schon ein paar Tage mit dem Wunschobjekt beschäftigt hat und es endlich haben möchte, überströmt einen leicht die Euphorie. Das merkt natürlich auch der Verkäufer und wird euch entsprechend kaum einen Rabatt anbieten.
Also signalisiert dem Verkäufer besser, dass ihr zwar bereit seit etwas mehr Geld auszugeben, aber ihr noch völlig unentschlossen seid, welches Produkt es letztendlich werden soll. Also lasst Superlative wie „perfekt“, „wie für mich gemacht“ oder „das ist genau das, wonach ich so lange gesucht habe“ einfach weg und entgegnet stattdessen lieber mit einem „vielleicht sollte ich mir den anderen TV dort auch noch ansehen, der sieht auch gut aus und kostet 300€ weniger…?“.
Ein absolut perfektes Pokerface ist natürlich auch fehl am Platze, denn das wirkt extrem unsympathisch und aufgesetzt. Also versucht ein echtes, ehrliches und aufgeregtes Interesse zu bekunden.
Versucht ein ehrliches Interesse am Produkt zu zeigen, aber setzt dafür kein Pokerface auf. Versucht gegebenenfalls vom Traum-Produkt abzulenken und schwenkt noch einmal zu einem guten Vergleichsprodukt um.
3. Der Ton macht die Musik
Eigentlich gehört der Punkt hier nicht hin, denn ein respektvoller Umgang sollte in allen Lebensbereichen Usus sein. Aber dennoch soll es hier noch einmal erwähnt werden, denn selbst wenn ihr den angegebenen Preis völlig überzogen findet, solltet ihr dennoch freundlich bleiben. Begrüßt euren Verhandlungspartner (den Verkäufer) nett und selbstbewusst. So sammelt ihr direkt Sympathiepunkte und das hilft euch später beim Feilschen garantiert.
Sollte das Verkaufspersonal euch einmal nicht direkt ansprechen, so suggeriert Interesse an einem Produkt und schaut euch beispielsweise mehrere Fernseher im Verkaufsraum an. Sollte dann ein Gespräch zustande kommen, fallt nicht direkt mit der Tür ins Haus und werdet frech. Zeigt vielmehr Charme und freundliche Entschlossenheit.
Bleibt nett und höflich und dennoch entschlossen. Eine freundliche Begrüßung und eine nette Absichtserklärung sind die halbe Miete auf dem Weg zu einem guten Rabatt.
4. Nutze Onlinepreise als Grundlage
Ich gehe stark davon aus, dass die meisten sich schon vorab online über ihr Wunschobjekt informiert haben. Daher sollte ja – wie in Punkt 1 bereits dargestellt – auch eine grobe Orientierung über den Wunschpreis herrschen. Dennoch solltet ihr den aktuellen Onlinepreis als Orientierung nutzen. Selbst wenn im Laden ein Angebot lockt, kann der Onlinepreis bei einem anderen Shop dennoch darunter liegen und ihr habt eine gute Verhandlungsbasis.
Beachtet dabei aber unbedingt, dass ihr eBay und B-Ware nicht in die Recherche mit einbezieht. Auch solltet ihr einen Preis in der Vergangenheit – bei Idealo sieht man ja gut die Preisverläufe – nicht einbeziehen. Die Umstände ändern sich ständig und der Verkäufer hat seine Zeitmaschine aktuell sicher auch nicht in Griffnähe um das Wunschobjekt zum Angebotspreis vor einigen Monaten zu kaufen.
Prüft die Preise online und bezieht dabei auch die Versandkosten mit ein. Dies stellt eine sehr gute Grundlage für Verhandlungen dar. Lasst dabei aber unbedingt eBay und B-Ware raus.
5. Weise die Verkäufer auf eventuelle Mängel hin
Wir haben vor einiger Zeit schon einen Magazinbeitrag veröffentlicht, der sich mit der Mängelbehebung beschäftigt. Denn oftmals muss man den Artikel nicht wegwerfen oder zurücksenden, sondern erhält auf Anfrage einen Rabatt oder einen (Teil-)Ersatz. Genau diesen Ansatz solltet ihr auch im Geschäft nutzen, denn so sind teilweise wirkliche Rabatte drin.
Das Produkt ist das Ausstellungsstück und ansonsten völlig in Ordnung? – OK, dann gibt’s sehr oft einen Rabatt. Der Fernseher hat kein Stromkabel mehr und das HDMI-Kabel fehlt auch? Na dann lasst euch doch einen Rabatt ausstellen oder ein hochwertiges Ersatzkabel geben. Ihr seht – Ideen gibt es viele, man muss sie aber offen und ehrlich ansprechen.
Übrigens funktioniert diese Taktik auch auf dem Wochen- und im Supermarkt. Wenn beispielsweise die Bananen schon dunkelbraune Stellen aufweisen oder das Haltbarkeitsdatum des Joghurts bald abläuft, dann ist deine Chance für ein paar Prozente gekommen. 😉
Checkt euer Wunschobjekt auf eventuelle Mängel und nutzt dies für einen Rabatt. Diese Methode ist auch gut bei Lebensmitteln anwendbar.
6. Ihr braucht mehrere Artikel? – Sehr gut!
Wie sieht es denn mit einem Mengenrabatt aus? – Was beim Autokauf eher unrealistisch ist, lässt sich aber durchaus mit Kombinationen erreichen. Ob es beim Auto noch Winterreifen und Fußmatten sind, oder im Modegeschäft oder Baumarkt noch weitere Dinge, die man ohnehin benötigt – mit mehreren Artikeln habt ihr sehr gute Chancen auf einen guten Preis. Hintergrund ist hier, dass viele Händler ab einem bestimmten Mindestbestellwert oder einer gewissen Stückzahl einen deutlich besseren Rabattspielraum haben.
Ihr benötigt noch einen Blu-ray-Player, Batterien und Kabel zu eurem TV? Sehr gut, dann fragt doch einmal, ob man im Paket einen Rabatt bekommt. Mindestbestellwerte oder Rabatt für Mindeststückzahlen machen das möglich.
7. Lass den Händler das erste Angebot machen
Es gibt eine weitere goldene Regel beim Feilschen: Lass dein Gegenüber den ersten Preisvorschlag machen. Dann bist du zwar vorerst in der Defensive, aber läufst eben auch nicht Gefahr hier ein völlig unrealistisches Angebot zu machen und die Verhandlung im Keim zu ersticken. Hier sollte ein gewisser Rahmen von 20-40% Rabatt schon inbegriffen sein, damit man sich in der Mitte treffen kann.
Solltet ihr bereits Profi-Verhandler sein, könnt ihr natürlich auch den ersten Schritt machen. Außerdem steht ihr dann Sätzen wie „das ist mein letztes Angebot“ völlig entspannt gegenüber. Ihr wisst dann ja längst, dass es sich dabei nur um eine Taktik des Verkäufers handelt, um den Preis noch etwas höher anzusetzen. Und natürlich solltet ihr gar nicht zögern, wenn euch ein richtig guter Preis angeboten wird – schlagt zu, bevor der Anbieter einen Rückzieher macht.
Aufschlag, Satz und Sieg. Was beim Sport prima funktioniert, kann auch beim Verhandeln zum Erfolg führen. Geht als unerfahrener Verhandler in die Defensive oder eröffnet als erfahrener Feilscher mit einem Angebot.
8. Auch online sind noch Rabatte drin
Was die meisten gar nicht auf dem Schirm haben, ist eine Verhandlung online. Ich muss zugeben, dass ich vor einiger Zeit auch überrascht war, als mich plötzlich eine Mail mit einem Preisvorschlag erreicht hatte. Eigentlich wollte ich mir einen neuen Verstärker und Atmos-Lautsprecher kaufen und hatte für einen Shop die Gutscheincodes probiert – diese funktionierten aber nicht und ich habe im letzten Schritt den Kauf abgebrochen. Wenige Tage später erhalte ich eine Mail vom Anbieter, der mir einen Top-Preis für das Bundle unterbreitet. Kurz: Ich habe eine Nacht drüber geschlafen und am nächsten Tag zugeschlagen.
Ein ähnliches Vorgehen könnt ihr gerne in verschiedenen Shops ausprobieren – legt eure Wunschartikel in den Warenkorb und brecht den Kaufvorgang ab. Manchmal kontaktiert euch dann der Händler (klar, eine Mailadresse muss eingegeben sein) und gibt euch einen Rabatt oder Sonderpreis, wenn ihr noch bestellt. Ansonsten ist es euch auch unbenommen einen guten und realistischen Preis anzufragen.
Fragt online ruhig nach einem Rabatt oder sucht nach Coupons und Codes. Alternativ legt die Wunschartikel in den Warenkorb und brecht die Bestellung ab. Vielleicht kontaktiert euch der Verkäufer mit einem neuen Top-Angebot.
Fazit – darf’s ein bisschen weniger sein?
Eine europaweiten Umfrage von Hotels.com hat ergeben, dass 63% der Deutschen im Urlaub regelmäßig feilschen. Warum denn nur im Urlaub und nicht auch in der heimischen Region? Also ich mache es regelmäßig und habe mittlerweile auch etwas Übung – bin aber auch jahrelanger Flohmarktbesucher gewesen. Also feilt doch etwas an eurem Verhandlungsgeschick und übt ein wenig, um eure „Skills“ zu verbessern.
Schreibt uns doch mal, ob ihr bereits im Alltag verhandelt habt und einen besseren Preis erzielt habt. Oder habt ihr so gar keine Lust zu verhandeln und seid der Meinung – entweder ich bezahle den Preis oder ich lass es sein!? Ich bin gespannt, was ihr schon für Erfahrungen gesammelt habt. 🙂
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Funktioniert super
Ich habe bei Media Markt für ein 800€ Fernseher gefragt ob es auch für 700€ gehen würde?. Der Verkäufer, ich muss mein Vorgesetzten fragen. Er ging zu seinem Vorgesetzten und fragte ob es. Der bejahte und so bekam ich den Fernseher für 700€.