Fitnessstudios während Corona: Beiträge müssen zurückgezahlt werden
Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat vor Kurzem (04.05.2022) entschieden, dass Fitnessstudios den Kunden Beiträge zurückzahlen müssen, in denen die Studios coronabedingt geschlossen waren. Das bedeutet, dass eine Vertragsverlängerung aufgrund von „Störung der Geschäftsgrundlage“ nicht zulässig ist. Die Betreiber können aber weiterhin Gutscheine ausstellen. Genauere Infos gibt es im letzten Abschnitt.
Wie die Verbraucherzentrale meldet, gibt es mehrere Fitnessstudios, die Verträge eigenmächtig und kostenpflichtig um die durch Corona geschlossene Zeit verlängert haben, wenn man diese kündigen wollte. Wir klären die Rechte bezüglich eurer Beiträge und der Kündigung. Beim letzteren wurden die Rechte durch ein aktuelles Urteil des Landgerichts Würzburg leider etwas durcheinander gebracht.
Kann ich meine Beiträge zurückholen / aussetzen?
Ja, denn durch die komplette Schließung des Studios sind beide Parteien von den Leistungspflichten befreit (§ 326 Abs. 1 BGB). Somit muss man als Kunde auch keine Beiträge für die Zeit zahlen, in denen das Fitnessstudio dauerhaft geschlossen ist. Hat euer Studio die Beiträge für diese Zeit nicht ausgesetzt oder stark gemindert und ihr habt weiterhin Beiträge gezahlt, könnt ihr euch die bisherigen Beiträge für die Schließungszeit zurückholen. Durch die seit 20. Mai geltende Gutscheinlösung muss man allerdings auch Wertgutscheine des Studios als Erstattung akzeptieren. Hier ist die Lage also sehr eindeutig und verbraucherfreundlich.
Möchte man während das Studio geschlossen ist, kein Beiträge zahlen, sollte man eine Erstattung vom Studiobetreiber fordern. Dabei ist es wichtig einen genauen Betrag anzugeben. Weigert sich der Betreiber und man zahlt per Lastschrifteinzug, kann man die Beiträge einfach von der eigenen Bank zurückbuchen lassen.
Dürfen Fitnessstudios Verträge ohne meine Zustimmung verlängern?
Alter Stand (Februar 2021)
Eigentlich hätte ich die Antwort mit einem klaren „Nein“ eingeleitet, den dieser Auffassung ist auch die Verbraucherzentrale. Allerdings hat eben diese jetzt eine Niederlage vor dem Landgericht Würzburg hinnehmen müssen. In dem Fall ging es um eine Betreiberin eines Fitnessstudios, die die Verträge um die Zeit der Schließung verlängern. Gegen dieses Vorgehen hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen geklagt und verloren. Die Corona-Krise habe massive Auswirkungen auf die Durchführung vieler Verträge, treffe die Gesellschaft als Ganze und erfordert daher auch ein solidarisches Handeln der Gesellschaft, sagt das Gericht.
Nun kann es sein, dass sich andere Gerichte auf dieses Urteil berufen, sie können aber auch für den Verbraucher urteilen. Sicherheit bringen da erst Urteile zu einzelnen Verträgen.
Ist euer Vertrag beispielsweise zum 1. Februar 2021 ausgelaufen, ihr habt fristgerecht gekündigt und euer Studio antwortet mit einer kostenpflichtigen Vertragsverlängerung könnt ihr entweder die Zahlung wie geplant ab dem 01.02.2021 einstellen und auf ein Nachgeben des Studios hoffen oder ihr gebt nach und lasst den Vertrag erstmal weiterlaufen. Auch wenn ich hier von einer „kostenpflichtigen Vertragsverlängerung“ spreche, heißt dies nur, dass ihr wieder zahlen müsst, sobald das Studio wieder öffnet. Ist das Studio zu, müsst ihr nicht zahlen, daran ändert auch das Urteil nichts.
Neuer Stand (Mai 2022)
Mit der Bestätigung des Bundesgerichtshofes sind nun die ersten Urteile zu einzelnen Verträgen gefallen und richtungsweisend. In diesem Fall klagte ein Mann aus Niedersachen seinen Betreiber an, nachdem dieser die Rückzahlung der Beiträge von geschlossenen Monaten oder die Ausstellung eines Gutscheines verweigert und stattdessen nur eine Gutschrift über die entsprechende Trainingszeit ausstellen wollte. Das entspricht einer Vertragsverlängerung. Vor dem Amtsgericht Papenburg wurde das Fitnessstudio bereits zur Rückzahlung aufgefordert und auch nach der Berufung wurde in zweiter Instanz vor dem Landgericht Osnabrück zu Gunsten des Mannes entschieden. Der Bundesgerichtshof bestätigte dieses Urteil nun: „Zur Begründung hieß es, Zweck eines Fitnessstudiovertrags sei die regelmäßige sportliche Betätigung. Wenn der Betreiber den Zutritt nicht mehr gewähren könne, könne der Vertragszweck nicht erreicht werden. Diese geschuldete Leistung könne wegen Zeitablaufs nicht nachgeholt werden. „, so die Tagesschau.
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Wenn ich die Verlängerung in Kombination mit der Rückforderung der Beiträge sehe, sehe ich da nicht zwingend ein Problem …
Es gibt bereits zahlreiche Verfahren vor Gericht zu der nunmehr relevanten Sachverhaltskonstellation. So hat das AG Torgau entschieden, dass der COVID-bedingte Schließungszeitraum keine Einrede begründet, an dem abgeschlossenen Vertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1, 3 Satz 2 BGB nicht mehr festzuhalten. Ein Festhalten am Mitgliedsvertrag ist nicht unzumutbar. Es ist dem Mitglied zumutbar, im Falle der COVID- Schließung des Fitnessstudios eine Stundung der Mitgliedsbeiträge hinzunehmen. Es entspricht dem grundlegenden Interesse beider Parteien, dass sich sodann das Vertragsverhältnis entsprechend der Schließungszeit zeitlich verlängert (vgl. AG Torgau 2 C 382/19).
Insbesondere muss nach unserer Auffassung bei der Abwägung zur Zumutbarkeit Berücksichtigung finden, dass der Kunde bei einer Vertragslaufzeit von beispielsweise 12 Monaten einen vertraglichen Anspruch darauf hat, den 12-Monatsbeitrag auch für volle 12 Monate in Anspruch nehmen zu können.
Die kleinen Studios haben auch ihre Fixkosten.. Man muss ja nicht immer auf sein Recht bestehen und sie so unterstützen
Ich habe bis heute eine kleine Kette unterstützt.
Jeden Monat wurden 29 Euro abgezogen.
Habe aber vor kurzem erfahren wie mit den Mitarbeiter umgegangen wurde. Geld wird zurück geholt und sofort gekündigt!
Und wer unterstützt Kurzarbeiter u. a.?
Und wie sieht es bei superfit aus hat wer da eine Ahnung?
@bilalk:
Wenn ein Fitnessstudio mit der Verlängerung eines Vertrages um die Corona Zeit durchgekommen ist, kann man davon ausgehen, dass es so gut wie alle Fitnessstudios ebenfalls probieren werde. Ich würde an deiner Stelle so schnell wie möglich kündigen und abwarten, was du als Bestätigung bekommst. Vielleicht hast du Glück und Superfit händelt es anders. Vielleicht haben die von diesem Urteil (noch) nichts gehört. Auf jeden Fall würde ich da vorher nicht anfragen, um keine schlafenden Hunde zu wecken.
Wenn ein Fitnessstudio die Zeit, in der das Studio geschlossen war, an die reguläre Laufzeit hinten anhängt, ist der Kunde damit finanziell erst mal nicht schlechter gestellt, als ohne. Natürlich vorausgesetzt, die Zahlungen, wurden in der Corona Zeit auch ausgesetzt.
Der Zeitpunkt der zu leistenden Zahlungen verschiebt sich einfach nur nach hinten.
Aber ärgerlich ist das natürlich trotzdem, gerade für die große Mehrheit der Mitglieder, denen irgendwann vor Corona ein Laufzeitvertrag aufschwatzt wurde, ohne dass sie großartig das Studio besucht haben. Die beitragsfreie Corona Zeit wäre einer der wenigen positiven Aspekte von Corona gewesen.
Viele zahlen Beiträge, obwohl sie auch ohne Corona nicht hingehen – also ändert sich eh nur für wenige etwas 😄
Interessant wäre, zu wissen, wie lange Fitnessstudios die corona Zeit hinten dran hängen dürfen. Wenn ein Mitglied zwei Jahre nach der corona Schließung kündigt, darf dann der corona-Zeitraum auch hinten dran gehängt werden? Es gibt bestimmt einige Studios, die das so lange wie möglich ausnutzen werden.
Ich hab das Geld zurück buchen lassen einfach Ca 6 Monate keine Probleme bekommen🙂👍
Sicher dass das komplette 6 Monate waren? Ich habe das nur überschlagen und komme auf ein bisschen mehr als 4.